... dann entsteht mitunter Fantastisches. Die Zwirnknöpfe von Sabine Krump sind der bunte Beweis.
Von Roswitha Fitzinger, 01. Oktober 2016
Fotos: Volker Weihbold/ Pressefotograf der OÖ-Nachrichten
An den Händen, um den Hals, auf der Brust, sogar an den Schnürsenkeln baumeln sie – Zwirnknöpfe.
Keiner gleicht dem anderen. Wer vor Sabine Krump steht, kann sich nicht sattsehen. Diese Frau ist ein Gesamtkunstwerk. Ihr „kleines Reich“, wie sie liebevoll ihre Zwirnknopfstub’n in ihrem Haus
in Ried/Riedmark nennt, setzt dem sogar noch eines drauf. Wer es betritt, verstummt endgültig. Klein von Länge und Breite vielleicht, aber groß an Farben- und Musternpracht. Knöpfe überall, aber
auch Garne in diversen Stärken, Nähseide farblich sortiert, Aluringe beinahe kunstvoll auf dem Schreibtisch ausgestreut.
Ein Anblick, von dem man sich nur schwer lösen kann. Doch nicht zum Schauen, sondern auch zum Knopfmachen ist die Hoamatland-Redakteurin gekommen. Was ist passender, als sich an einem Knopf
namens „Hoamat“ zu versuchen? Viermal muss zunächst der schwarze Faden seinen Weg um den Aluring finden, immer dicht an dicht, nicht zu fest, auch nicht zu
locker. Eine kleine Drehung im Uhrzeigersinn, dann das Ganze von vorne, wieder und wieder. Dabei den Faden nicht verlieren. Sechs Mal insgesamt wird der Ring umwickelt, das Ergebnis ist ein
sternförmiges Muster, bis der schwarze Faden abgeschnitten, durch das Fadengeflecht gezogen und somit gesichert wird. Die Finger sind verkrampft und – schwarz. Ihre Wärme lässt das Aluminum
oxidieren. Auf das schwarze Garn folgt das weiße, es gilt die Zwischenräume auszufüllen. „Rot steht für das Herzblut, Schwarz für die fruchtbare Erde und Weiß für die Reinheit“, erklärt Sabine
Krump derweil. Und während sie einen eigenen Knopf umwickelt, beginnt sie zu erzählen. Darüber, dass Zwirnknopfmachen nicht nur Handwerk, sondern auch mentale Arbeit sei. „Man legt seine Wünsche
und Gedanken hinein.“ Irgendwann fange jeder an zu reden, weiß sie aus Erfahrung: „Die Menschen öffnen sich.“
Vergessen ist die bunte Zwirnstub’n, der Blick fokussiert auf einen Punkt, der erst in Ansätzen einem Knopf gleicht. Reden ist nicht, aber zuhören.
Sabine Krump hat schließlich viel zu erzählen. Von ihrer Großmutter etwa, die in einer Zeit lebte, als Zwirnknöpfe für Hemden und Bettwäsche zu nähen eine ganz selbstverständliche Handarbeit in
den Wintermonaten war. Wenn Menschen von früher erzählen, werde sie „ganz weich“, sagt die gelernte Gärtnerin beinahe andächtig. Vielleicht hat sie es sich auch deshalb zur Aufgabe gemacht,
dieses Kunsthandwerk „wieder aus dem Dornröschenschlaf zu holen“, wie sie es ausdrückt. Die 47-Jährige tut das auf ihre ganz eigene Art. Waren die ursprünglichen Zwirnknöpfe ausschließlich weiß,
arbeitet sie mit bunten, peppigen Garnen.
Der Briefträger klingelt, unterbricht das Gespräch, aber Sabine Krump ist voller Freude, denn er hat Päckchen mitgebracht. Sie weiß, es ist Fanpost in Form von Briefen und Zwirnknöpfen – von
Menschen, die mit ihr oder durch sie in die Welt der Knöpfe Einblick bekamen. Sie schicken die ersten Eigenkreationen, erzählen in Briefen die dazugehörigen Geschichten. Mit Stolz erfülle sie
das, so die Mühlviertlerin: „Diese Menschen setzen sich hin, bemühen sich, und das Ganze geht weiter, das Handwerk lebt weiter.“ Dass es weiter geht, das sei ihr ein besonderes Anliegen.
„Zwirnknopfmachen ist ein Kulturgut, das allen gehört“, sagt sie mit Nachdruck und ergänzt ganz weise: „Wer nicht teilt, erstickt.“ Deshalb teilt sie ihr Wissen und ihre Fertigkeiten in Kursen
und Büchern.
Ihr erstes Buch „Die Knopfmacherin“ erschien 2011, das sechste, „Die ganze Welt der Knöpfe“, wird noch in diesem Jahr veröffentlicht. Vier hat sie selber finanziert, hat eisern gespart, so, als
wolle sie einen Kleinwagen finanzieren. So viel kostet es, 500 Stück im Eigenverlag herauszugeben. „Buch-Verlage haben abgelehnt, gesagt, das Thema interessiert keinen.“ Krump nimmt es nicht
krumm, die vielen Briefe und vor allem Knöpfe aus nahen und fernen Ländern beweisen, dass dem nicht so ist. Nicht zuletzt aufgrund ihrer Bücher werden die Zwirnknöpfe von der Innerschweiz bis
nach Japan nachgemacht und in der Folge eigene Muster entwickelt. Grenzenlos scheint auch die Kreativität der 47-Jährigen. Was sie inspiriert, ist schnell gesagt: eigentlich alles. „Da ist die
Farben-Vielfalt der Natur. Ich sehe überall Knöpfe, selbst in Kabelleitungen oder, wie erst kürzlich, in Autofelgen“, sagt sie und lacht.
Fünf Minuten benötigt Sabine Krump für einen Knopf der Gattung Hoamat. Andere sind komplizierter, an ihnen sitzt auch sie mehrere Stunden. „Aber auf die Schnelligkeit kommt es nicht an, sondern
auf die Sorgfalt.“ Jeder Faden muss sitzen, damit später die Symmetrie stimmt. Nach einer halben Stunde ist es geschafft: Der Hoamatknopf der Hoamatland-Redakteurin ist fertig. Apropos. Selbiger
war als einer von 300 beim Barneby Festival in Macclesfield in England vertreten und ist im dortigen Museum ausgestellt. Seit kurzem hängt er auch in der OÖN-Redaktion. Für beides ist Sabine
Krump verantwortlich. Es muss schließlich weiter gehen...